Alle Jahre wieder der gleiche Ärger: Hunderttausende Reisende werden auf Flughäfen und Bahnhöfen stehengelassen, ganze Industriezweige werden zeitweise lahm-, und die Nerven der Bürger blankgelegt.
Streiks sind unnötig; wir leben nicht mehr im 19. Jahrhundert. Arbeitnehmer sind durch Gesetze hinreichend geschützt. Man könnte einen Indexlohn einführen, der automatisch jährlich an die Inflationsrate angepasst wird. Im übrigen gilt: Pacta sunt servanda. Es ist unverschämt, mit Erpressermethoden und auf Kosten Unbeteiligter Jahr für Jahr mehr für sich herausschinden zu wollen.
Und wenn die GDL glaubt, einen Rechtsanspruch auf einen eigenen Tarifvertrag zu haben, dann wäre der Gang vor Gericht der richtige Weg, um diesen Anspruch durchzusetzen. Die Fahrgäste können nichts dafür.
In welcher Republik leben wir eigentlich, dass die Wirtschaft und ein großer Teil der Bevölkerung in Geiselhaft genommen werden können? Experten sprechen von Schäden in Höhe einer halben Milliarde Euro. Passt dieses astronomisch teure Muskelspiel der Gewerkschaften, das sich von den Methoden von Bankräubern nur wenig unterscheidet, in eine zivilisierte Gesellschaft?
Gewerkschaften sind überholt
Roland Baader, der 2012 verstorbene, viel zu wenig beachtete liberale Denker, schrieb in seinem Buch „Die belogene Generation" (S. 127f):
„Die gesetzlich geschützten und gestützten Arbeitsmarktkartelle und die Allgemeinverbindlichkeit ihrer Abmachungen jedoch sind in einer Marktwirtschaft freier Menschen ein Element des Krieges und der Zerstörung. Was sich hierbei Vertrag nennt, ist das Ergebnis von Erpressung unter Androhung schwerer und schwerster Schäden für Einkommen und Eigentum der involvierten Menschen.
Hierbei werden, wenn es zum Arbeitskampf kommt, sogar noch die Bürger in ihrer Eigenschaft als Konsumenten in Geiselhaft genommen. In jedem Fall müssen sie das Ergebnis des Kampfes, nämlich höhere Preise, Inflation und Arbeitslosigkeit, ausbaden. Es ist mir unbegreiflich, wie sich zivilisierte Menschen und ganze Völker von solch mächtigen Kartellen entmündigen und in schlimmster Weise schädigen lassen können."
Augenhöhe zwischen Vertragsparteien gibt es nur in einem freien Markt. Gewerkschaften werden nie zufrieden sein. Das Streikrecht gibt ihnen das Mittel an die Hand, das Gleichgewicht der Kräfte und Interessen durch erpresserische Methoden zu ihren Gunsten zu verändern.
Gewerkschaftler schaden sich selbst
Je mächtiger Gewerkschaften sind, desto schlechter ist es für die Wirtschaft, und je schlechter es um die Wirtschaft steht, desto schlechter ist es für die Bürger. Die Gewerkschaftsmitglieder sehen nicht, dass ihnen selbst schadet, was ihren Firmen schadet. Sie sehen auch nicht, dass höhere Kosten zu höheren Preisen führen - was wiederum auf sie zurückfällt, denn im Privatleben sind auch sie Verbraucher, die für Produkte und Dienstleistungen bezahlen müssen.
Die Politiker wiederum sind eher um die Wählerstimmen der Gewerkschaftsmitglieder besorgt als um das Allgemeinwohl. Ein wenig Kosmetik von Frau Nahles, um die vor leeren Bahnsteigen und verschlossenen Kitas stehenden Bürger zu beruhigen, wird da kaum helfen. Von einer Politikerkaste, die ihr Selbstverständnis aus Umverteilung und dem künstlichen Kampfbegriff der „sozialen Gerechtigkeit" bezieht, sind wirkungsvolle Maßnahmen nicht zu erwarten.
Roland Baader hat von einem „Dreiviertelsozialismus" in Deutschland gesprochen. Liberale, marktwirtschaftliche Alternativen werden totgeschwiegen. Erst jetzt, da es schon sehr, sehr wehtut, hört man endlich einmal, dass die GDL zu weit gehe. Aber die Macht der Gewerkschaften an sich wird nicht in Frage gestellt. Der Missbrauch liegt im System. Das muss man ändern.